Montag, 13. Dezember 2010

All good things come to an end

Die Zeit neigt sich dem Ende zu, es sind nur noch wenige Nächte die mich von der so lang ersehnten Zivilisation trennen, all die Vorzüge des Lebens die ich mittlerweile mehr als je zuvor zu schätzen weiß kommen immer näher und in meinem Kopf spielen sich tag täglich die vergangenen 4 Monate ab, die zwischenzeitig wie Jahre vorkamen, doch nun letztendlich relativ schnell zu Ende gingen. Wenige Nächte werde ich noch in meinem unbequemen Bett verbringen müssen. Nicht mehr oft werde ich die Möglichkeit haben abends vor dem Schlafen den Spinnen zuschauen zu können wie sie die zahlreich verfangenen Fliegen in ihren Netzen umwickeln, bis ich in paar Tagen dann mein Zimmer besenrein verlassen und die Spinnen, welche mir die ganze Zeit geholfen haben, die Anzahl der Fliegen in meinem Zimmer zu dezimieren, von der Decke nehmen muss. Noch einige Male kann ich die quakende Gesellschaft beim Zähneputzen erleben, welche die tägliche Prozedur doch immer recht unterhaltsam gemacht hat. Es sind weniger die großen Dinge die ich unbedingt am Ende noch erleben muss, mehr sind es die kleinen, doch irgendwie verrückten Dinge, die ich mir gegen Ende nochmal bewusst machen möchte, denn die wird es bald nicht mehr geben, wenn wir am Ende dieser Woche wieder ein paar Jahrzehnte in die Zukunft springen. Ich möchte noch kein Resümee ziehen, denn das kommt bekanntlich immer am Schluss und an diesem bin ich ja noch nicht angelangt.
Am vergangenen Wochenende hat uns Paul noch ein letzes Mal mit seinem Boot auf den indischen Ozean genommen um an einem Riff auf Fischjagd zu gehen. Chris und Max waren ja zuvor schon am Riff fischen und wussten daher auch schon was zu erwarten ist, doch für mich war das noch einmal was Neues, weil mich Paul bei meinem letzten fishing-trip in die Mangroven geschleppt hat, was eine total andere Fisch-Erfahrung war. So hatte ich nun glücklicherweise die Möglichkeit beide Arten des Fischens zu erleben, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Gemütlich ging‘s dann mit seinem Boot auf die raue See, welches dennoch eine sehr angenehme Beschäftigung für einen Sonntagnachmittag war. Dabei hat es überhaupt keine Rolle gespielt, dass wir zwischendurch gar keinen Fisch gefangen haben, mehr ist es einfach die Atmosphäre gewesen, gemeinsam in einem Boot zu sitzen, sich von den Wellen auf und ab schweben zu lassen und sich zu unterhalten.

schöner Fang
Irgendwie hat mich das Fischen hier schon in seinem Bann gezogen. Es lässt sich allerdings auch nicht mit dem Fischen vergleichen welches in Deutschland an Seen und Flüssen praktiziert wird. Während man in Deutschland den Fisch mit Mais, Hundefutter oder sonstigen Dingen fängt, gehen wir an einen der umliegenden Creeks und fangen unseren frischen Köder, welcher dieses Mal ganze 180 kleine Krebse groß war. Doch nicht nur die Fische mochten die Krebse, so war es auch ein relativ großer Hai, der nicht genug bekommen konnte und letztendlich mit einem dreifach Piercing in Form von abgeschnittenen Haken die tiefen des Meeres gesucht hat. Komischerweise hat er sich nicht einmal gewährt als ich ihn das eine Mal an die Oberfläche gezogen habe, sonst wäre vermutlich mein Finger ab gewesen – sorry hab ausnahmsweise mal nicht den Handschuh getragen.

hab keine Ahnung was für ein Hai des war,
aber ich war noch nie näher an einem dran
Am Anfang dieser Woche mussten wir Freiwillige zudem noch Michelle, unserer Mentorin vom ICYE, unsere Präferenzliste mit all den Projekten schicken, welche wir vor geraumer Zeit erhalten hatten. Erfreut über die doch zahlreiche Auswahl mit nahezu 30 Projekten wählten wir unsere Favoriten raus, welche uns am Anfang versprochen wurden, wenn wir hier in den Busch gehen, doch daraus wird wohl leider nichts werden :( Wer musste uns wohl mal wieder einen Strich durch die Rechnung machen? Der deutsche Staat. Nur sieben der Projekte werden momentan anerkannt und können somit nur als Zivildienstersatz verwendet werden. Die restlichen stecken noch im Papierstapel der deutschen Bürokratie und warten darauf bis sie einen Stempel bekommen um ebenso genehmigt zu werden. Vielleicht kann das ICJA Büro in Berlin noch irgendwas umdrehen, die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Sobald ich weiß wo ich es mich als nächstes hin verschlägt, lass ich euch davon natürlich auch erfahren. Für diejenigen die sich die Frage stellen, ob ich nicht auch in meinem Projekt bleiben könnte. Ja die Möglichkeit gibt es, allerdings sind mir 4 Monate Busch genug und ich bin froh darüber, zwei komplett verschiedene Erfahrungen sammeln zu können.

Etwas weiteres sehr Unerfreuliches ist vergangenen Donnerstag, den 09.12.2010 um 16.07 Uhr passiert. Ich habe einen mittlerweile lieb gewonnen Freund verloren. Er ist täglich mit mir durch das Leben hier gegangen, egal ob es gute Zeiten oder schlechte waren, er war einfach bei mir und ist auch nie von meiner Seite gewichen. Hat mir Schutz vor Fliegen, Mosquitoes und der heißen Sonne geboten. An seiner Seite sah ich immer erwachsener aus. Ich hab es wirklich getan, hab ihn einfach abgeschnitten -meinen Bart :)

Ich konnte es fast nicht verkraften, dass ich ihm so etwas antun konnte, aber ich musste das Unkraut einfach los werden und wieder fertig für die Zivilisation werden. Da führte wohl kein Weg vorbei. Doch wenn man schon mal so ein Gewächs ihm Gesicht hat, kann man ruhig sich mal einen kleinen Spaß erlauben. Nachdem Chris, eine Woche zuvor seine Mähne los wurde und nun auch ich, war Max für kurze Zeit der Freiwillige mit dem längsten Bart, allerdings auch nur bis Chris seinen 3-Tage-Bart hatte. Sorry Max :)

Ziegenbart, werde ich nie in meinem Leben tragen!
Am Freitag Abend hatten wir dann noch ein letzes gemeinsames Barbecue mit ein paar Leuten welche wie hier in der Zeit halt so kennen gelernt haben. Eigentlich immer eine Recht coole Sache, denn für solche Veranstaltungen holt Mario immer seinen selbstgebrannten „Bourbon“ aus dem Versteck und teilt ihn mit uns. Zusammen mit ein paar Eiswürfeln und Coke ein sehr leckeres und amüsierendes Getränk :) Wären die australischen Grenzkontrollen nicht so extrem streng, würde ich sogar ne Flasche nach Deutschland schicken.


Der Samstagabend war dann einfach nur genial. Vorgeschlagen hatte ich eines Tages mal, eine Nacht am Strand zu verbringen, mit Lagerfeuer und was eben alles dazu gehört. Das hat uns Mario allerdings nicht empfohlen, da nachts die Krokodile hier ein wenig aktiver werden und so waren es dann eben halt „nur“ ein paar unvergessliche Stunden am Strand. Um Max zu zitieren: „Warum machen wir sowas erst am Ende?“ 
Chris und Max beim Feuer machen
Gegen 16.30 Uhr machten wir uns auf den Weg zum Strand, welcher gute 45 Minuten von hier entfernt liegt. Im Kofferraum hatten wir ein paar Holzstämme, Handangeln, Bierdosen, frische Krebse und selbstgemachten Stockbrotteig. Mehr hat der Abend nicht gebraucht um so genial so werden. Angekommen am Strand haben wir erst mal ein Feuer angemacht, was wir mittlerweile aus der inzwischen 16. Folge „Man vs. Wild“ hier im Busch gelernt haben. Danke an Bear Grylls an dieser Stelle, mein Survival Idol, auch wenn dir immer dein Kamera-Team hinterher eiert :) Wir haben uns dann doch ganz unerlaubt an den Streichhölzern bedient :P

 

Also für das wichtigste war dann mal wohl gesorgt, mussten wir nur noch ein bisschen was zum Essen fangen, doch geht wohl ein wenig schlecht wenn man den Köder zuhause auf der Gefriertruhe liegen lässt. Gut dass wir dann noch das Netz mit hatten, mit welchem Chris glücklicherweise bei der Dunkelheit einen kleinen Fisch fangen konnte, welchen wir darauf als Köder verwendet haben. Natürlich erwarteten wir keinen großen Fang, denn schließlich sind wir ja nur einige Meter ins Meer gelaufen und haben von dort aus unser Glück probiert. Mit der Hoffnung eher einen Fisch am Riff zu fangen, hat es mich bei der Dunkelheit allerdings dort hin verschleppt, wobei ich bis heute eigentlich nicht weiß, ob ich es bereuen soll. War der kleine Fisch es wert nun vermutlich länger als eine Woche in der Gegen rum zu humpeln, weil ich auf eine Koralle getreten bin? Also mein linker Fuß ist mit ein paar Schnittwunden vertreten und ich kann kaum noch auftreten – na toll und das vor der bevorstehenden Reisezeit :( Vielleicht hilft mir ja die kleine Reiseapotheke welche mir mit auf den Weg gegeben wurde. Danke Beate :)

unsere Stockbrote und mein gefangener Kot beim Bruzzeln
 Nichts desto trotz gab‘s den Fisch dann aufgespießt auf nem Stock, nachdem ich zuvor noch die Innereien und die Kiemen raus genommen habe. Natürlicher Fischgeschmack, leicht gesalzen vom Meereswasser – göttlich :) Das Stockbrot und die Krebse, welche wir einfach auf die offene Glut geschmissen haben, haben zusammen dann ein äußerst leckeres Essen ergeben. Noch ein paar gemütliche Bier haben den Abend dann einfach noch perfekt abgerundet.

Dora, Chris und Ich beim Sterne gucken
Jeder weiß ja wie es ist vor einem Feuer zu sitzen, was zu trinken und sich einfach zu unterhalten – eine richtige gemütliche Atmosphäre. Dazu packt ihr dann einfach nur das Geräusch des Meeres hinzu und einen sternklaren Himmel, welcher an diesem Abend auch die ein oder andere Sternschnuppe hat blicken lassen, schon habt ihr unsere Atmosphäre. Ein Abend den ich mit Sicherheit nie vergessen werde, selbst den Platten den wir um zwei Uhr nachts mitten im nirgendwo eingefahren hatten, machte da nichts mehr aus.

unbeschreiblich
Weihnachtliche Grüße aus dem mittlerweile feucht tropisch gewordenem Norden Australiens

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